AUSCHWITZ Vieles muß man nicht gesehen haben, um zu wissen, wie die Welt „tickt“. Das wissen wir spätestens seit Kant, der aus seinem Königsberg niemals herausgekommen ist, uns aber trotzdem vieles an ethischer Weisheit hinterlassen hat, die z.B. im "Kategorischen Imperativ" unbestritten Weltbedeutung hat. Will man aber verstehen, was nicht zu verstehen ist, dann sollte man Auschwitz schon gesehen haben. Für mich ergab sich die Gelegenheit dazu nach einem Gespräch mit Heiko (Producer der FFFZ Rundfunkbeiträge), der mir nebenbei erzählte, dass er für die Stiftung „ERINNERN ERMÖGLICHEN“ in Auschwitz einen Film drehen sollte. Er „überredete“ mich dazu, mich der Filmgruppe anzuschließen. Diese bestand aus Dana, die den Trip organisierte, Stefan, der Filmaufnahmen machte und eben Heiko, der auch als Kameramann tätig war. Dieser Gruppe von jungen Leuten schloß ich mich also an: und so flogen wir am 20.03.2012 früh morgens im gleichen Flieger mit „WIZZAIR“ von Dortmund nach Kattowitz; von dort steuerte Heiko den Leihwagen nach Auschwitz. Vor Ort wurden dann sowohl im KZ Auschwitz I, dem Stammlager, als auch KZ Auschwitz II, Birkenau, Filmaufnahmen und Interviews mit Jugendlichen und ihren Lehrkräften gemacht. Dabei hatte das Team eine hervorragende Unterstützung durch den weiblichen polnischen Guide Halina, die in perfektem Deutsch die gesamte Zeit als Begleitung zur Verfügung stand. Sie war nicht nur eine professionelle Begleiterin, sie konnte auf sehr menschliche Weise viele Dinge zum Gegenstand der Aufmerksamkeit machen, die hinter die Vordergründigkeit von Bildern – die schon schlimm genug waren – blicken ließ. Das Team war vor Ort wirklich zeitlich extrem eingespannt, und die Zeitrahmen waren dann so dicht, dass ich mich am zweiten Tag aus dem damit verbundenen Streß erschöpft etwas zurückzog. Alles in allem war es eine wohltuende Erfahrung für mich, erleben zu können, wie engagiert junge Menschen mit diesem düsteren Kapitel deutscher Vergangenheit umgehen. Und wenn der Film, der von dem Team nach unserer Rückkehr am 22.03.2012 nun erstellt wird, einen Beitrag dazu leistet, dass immer mehr Schulen dazu angeregt werden , die Gedenkstätten zu besuchen und ihren Zerfall zu verhindern, dann wäre das ein gutes Omen. Ich selbst habe in meiner Zeit als Lehrer gerade die Zeit des Nationalsozialismus intensiv in den Klassen 10 im Geschichtsunterricht behandelt. Dabei habe ich viele Filmdokumente auch aus den KZ’s zeigen können. Doch hatte ich oft das Gefühl, dass – bei allen erschreckenden Zahlen und Fakten – eine wirklich intensive Betroffenheit unterblieb: auch bei mir selber! Das hat sich durch diesen Besuch schlagartig verändert. Mit dem Eindruck vor Ort haben die Zahlen ein Gesicht bekommen, und mir laufen in der Rückbetrachtung bei einigen Bildern Schauer über den Rücken; so verbinde ich z.B. mit dem Bild leerer Zyklon B Kartuschen nun Gesichter von Menschen, die mit akribischer deutscher Gründlichkeit fotografisch erfaßt wurden, und die den Besucher von den Wänden der Bauten des Stammlagers mit aufgerissenen Augen anstarren……und ich stelle mir ihre Gefühle und Ängste vor. Das ging nicht nur mir so: vielen Gruppen von Jugendlichen aller Nationen – ein Großteil übrigens aus Israel – waren tiefe Betroffenheit und ehrliches Entsetzen anzumerken. Umarmungen und Tränen konnte man des öfteren sehen. Und jedem, der trotz allem das Unvergleichliche an Grausamkeit mit anderen menschlichen Grausamkeiten vergleichen will, sei gesagt: das geht nicht! Es gibt nicht Vergleichbares an systematisch perfektionierter Unmenschlichkeit. Das Andenken daran darf nicht dem Zerfall preisgegeben werden. Für mich ist es keine Frage: diese Verbrechen dürfen im menschlichen Gedächtnis nicht verjähren! Und allen, die immer noch der Mär von der „Auschwitzlüge“ Glauben schenken, sei gesagt: fahrt hin und schaut hin, wenn ihr Mut habt! Es ist kein Fake! |
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Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Norf-Rosellen-Nievenheim Juni/Juli/August 2012 |