RUSSLANDREISE:

Einmal ein wenig Russland, zumindestens einen Schnupperkurs im westlich des Ural liegenden Teils: das wollte ich doch mal gemacht haben, zumal ich seinerzeit 1963 mein Abitur in Russisch gemacht hatte. Und so buchten wir eine „vorgefertigte“ Reise von Moskau nach Sankt Petersburg per Schiff und waren vom 19. bis 29.06.2019 unterwegs, d.h.: Flug nach Moskau, zwei Tage Aufenthalt dort, Einschiffung in Moskau und 6 Tage Fahrt über Wolga, Kanäle, Seen, Newa, Ankunft in Sankt Petersburg, 1,5 Tage Aufenthalt dort, Rückflug nach Düsseldorf.

Einzelne Stationen waren: Uglitsch(Demetrios-Kirche) , Jaroslawl(UNESCO-Welterbe-Altstadt sowie Gouverneur-Palastes mit Kammerkonzert), Rybinsker Stausee, Goritsy(Kirillo-Beloserski-Kloster und Ikonen-Museum), Weißer See, Wolga-Ostsee Kanal,Onega See, Insel Kischi(UNESCO-Welterbe mit bekannten Holzkirchen), Swir, Mandrogi(russisches Museumsdorf mit Wodkamuseum), Ladoga See, Newa. An den kursiv unterstrichenen Orten wurde jeweils ein Stop mit Besichtigungen gemacht.

Moskau ist eine faszinierende Stadt mit der Hektik, die Großstädte so an sich haben, hier potenziert, da die Stadt um 16 Millionen Einwohner hat mit Vororten, die natürlich irgendwo wohnen müssen: aus dem 22-sten Stock unseres Hotels sah man Hochhäuser, so weit das Auge schauen konnte; aber man sah dazwischen auch viel Grün. Über dauernd verstopfte Strassen kamen wir per Bus ins Zentrum der Stadt, das schon extrem beeindruckend ist mit all seinen Sehenswürdigkeiten, die man aus dem Fernsehen kennt: Kreml, Christ-Erlöser-Kathedrale, Sarjadje-Park, Prachtstraße Warwarka, „Künstlerstraße“ Arbat, Kaufhaus Gum, Expocenter …... Wie immer bei organisierten Reisen: zu viel Eindrücke in zu kurzer Zeit, da alles eng getaktet ist. Gut, daß es das Internet gibt: so kann man seinen Fotos im Nachhinein wenigstens den richtigen Stempel aufdrücken. Auffällig war für uns die große Zahl asiatischer Besucher, die teils natürlich aus dem riesigen Reich Russland stammten, aber auch die Zahl nicht russischer Asiaten war sehr groß. Und dabei fiel uns schon negativ auf, daß „das Benehmen“ in den Kathedralen erschreckend war: Kopf- und Schulterbedeckung für Frauen – Fehlanzeige, lange Beinkleidung – nitschewo, Männer ohne Kopfbedeckung – warum?, mässige Lautstärke – nicht angesagt, Fotografieren von Ikonen – na klar doch(auch mit Blitz). Und überall Menschen mit Smartphonesticks, die mit laufender Kamera alles, wirklich alles, per Video aufnahmen. Generell scheint der Verrohung von bisher üblichen Sitten kein Kampf angesagt zu sein: schade! Resignation scheint sich breit zu machen! Am dritten Tage war dann die Einschiffung auf eines der Schiffe, die die Reise Moskau bis Sankt Petersburg und umgekehrt - permanent machen: es sind in der DDR gebaute Schiffe aus den 80-er Jahren mit nur russischer Besatzung. Sie sind sehr solide mit wenig Komfort. Wir fuhren mit der LENIN. Wikipedia: „Die Lenin (russisch Ленин) ist ein Flusskreuzfahrtschiff, das im Jahre 1987 in der DDR im VEB Elbewerften Boizenburg/Roßlau in Boizenburg gebaut wurde.“ Die Lenin ist 129 Meter lang, so wie alle anderen in der DDR gebauten Flussschiffe auch. Die Kabinen haben die Größe und den Charme eines normalen Campingwagens mit zwei 80-er Betten und einer Naßzelle, Schrank, Ablagen, Kühlschrank, Klimaanlage und großem Fenster. Es gibt zwei Speisesäle und 3 einfache Bars, aber der fehlende „Luxus“ wurde 1000-prozentig wettgemacht von der mehr als fürsorglichen und hinreißenden Crew: immer freundlich, immer ansprechbar, vielfach perfekt Deutsch sprechend: da kann man wirklich nicht meckern! Die Reise auf dem Schiff empfanden wir als sehr entschleunigend und daher als Gegensatz zu Moskau sehr entspannend. Allein die Wolga: Wasser, soweit das Auge reichte, Wald und nochmal Wald ohne sichtbare Bewohner, ab und zu ein paar Häuser und viele Angler. Der Rhein ist ein „Rinnsal“ gegenüber diesem mächtigen Strom von bis zu 1200 Metern Breite auf unserer Strecke: das war schon sehr beeindruckend. 2000 Kilometer waren es, die wir mit dem Schiff Tag und Nacht unterwegs waren, über Kanäle, viele Schleusen mit zum Teil 16 Metern Hub, den Onegasee, den Ladogasee in Karelien mit wirklich noch intakter Natur bei beeindruckend großer Weite und nur wenig Bevölkerung(3,6 Einwohner pro Quadratkilometer). Und dann legten wir nach 10 Tagen in Sankt Petersburg an und wurden ausgeschifft. Klar, dann begann der Stress von vorne, denn in knapp 2 Tagen sollte nach Programm viel untergebracht werden: Stadtrundfahrt mit Fotostops, Besuch der Eremitage, Auferstehungskirche und Besuch der Kasaner Kathedrale etc.pp.

Nun, was bleibt hängen? Auf jeden Fall das: Russland ist ein riesiges Land, von dem wir bewußt nur einen klitzekleinen Teil gesehen haben: schließlich waren wir weit vor dem Ural! Und sicher beeindruckend in Pracht und Größe sind all die Kirchen, die wir gesehen haben, wobei man – trotz Museumscharakter - immer wieder Einheimische beobachten konnte, die in tiefer Frömmigkeit ihrem Glaubensverständnis nachgingen. Religiosität ist also durchaus lebendig. 2018 bezeichneten sich immerhin rund 70 Prozent der Russen als orthodox. Abschließend sei mir erlaubt zu sagen: Wenn ich mir die Weiten des Landes im Netz oder – antik – im Atlas ansehe, dann kann ich nur sagen - ich verstehe ein Stück weit den nationalen Stolz der Menschen dieses riesigen Landes. Und an und für sich möchte ich noch mehr davon sehen – wenn mir noch Zeit bleibt: vielleicht mit der Trans Sib?