WALLFAHREN:       

Wandern ist wieder in Mode gekommen. Doch Pilgern auf einer Wallfahrt, das ist etwas anderes. Auf den Spuren des Heiligen Matthias zu wandern, das war ein Angebot der Evangelischen Kirche mit dem Titel „Beten mit den Füßen“ unter deren Leitung. In Zusammenarbeit mit den Matthias-Bruderschaften machten sich 11 evangelische Pilger – die meisten Erstpilger - mit dem Benediktinerbruder Hubert Wachendorf aus der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier und zwei erfahrenen Pilgern , einem Apothekerehepaar aus Bergheim, auf den Matthiaspilgerweg, der auf Grund eines Pestgelübbdes im Jahre 1636 entstanden war. Ziel war das Grab des Apostels in Trier. Es waren 100 km von Blankenheim bis zum Ziel , die vom 16.10. bis 19.10.2012 in nur 4 Tagen zu bewältigen waren. Anreise war am 15.10. in Blankenheim, und Abreise aus Trier am 21.10.2012.

Die Teilnehmer/-innen waren überwiegend berufstätige Pfarrerinnen und Pfarrer, und somit war ich „Exot“ als ehemaliger Lehrer und auch ältester Teilnehmer. Nach dem Eintreffen in Blankenheim und der üblichen Vorstellungsrunde wurden die Zimmer verteilt: Zweier- und Dreierzimmer….gewöhnungsbedürftig, aber gruppendynamisch gut! Die feudale Abendbewirtung übernahmen im katholischen Pfarrheim Damen der Matthiasbruderschaft Blankenheim – zu viel Essen, zu viel Trinken! Am nächsten Morgen ging es um 08.00 Uhr bei eisigem Wind und großer Kälte los. Gepäck mussten wir nicht tragen, denn das wurde von einem Cateringteam der Matthiasbruderschaft Düren, das aus Matthias, Hasso und ihren Frauen bestand, transportiert. Dieses Team versorgte uns während der gesamten Tour üppig und sehr freundlich an vereinbarten Treffpunkten mit allem Lebensnotwendigen. Um es kurz zu machen: die ca. 100 km, die in vier Tagen gelaufen wurden, waren extrem anstrengend für alle Teilnehmer/-innen, so dass nach dem ersten Tag einigen meinten, nie mehr aufstehen zu können: ich auch! Doch es ergab sich ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl in dieser sehr kurzen Zeit, so, als ob man sich schon Jahre kennen würde. So etwas kann wohl nur entstehen, wenn man ein gemeinsames Ziel mit gemeinsamen Leiden und Freuden verfolgt. Wie sagte eine Teilnehmerin so schön: „Es hat mir gut getan zu wissen, wenn ich langsam bin, gibt es garantiert jemanden, der auf mich wartet, ich werd mitgenommen, mitgetragen, ich kann meinen Weg gehen.“ Unterschiede zum individuellen Pilgern waren für mich überraschend! Da gab es so genannte Statios an Pilgerkreuzen der Bruderschaften, an denen gesungen, aus der Bibel gelesen, meditiert und gebetet wurde. Viele dieser Kreuze stammen übrigens von Matthiasbruderschaften aus der rheinischen Gegend, z.B. Korschenbroich, Rommerskirchen, Glehn usw.  Da gab es das sich anschließende stille Gehen. Da gab es immer wieder Einkehr und Besinnung in Kirchen am Weg. Und da wurde auch der Rosenkranz beim Gehen gemeinsam geübt und gebetet. Das war sicher gewöhnungsbedürftig für „Evangelen“, aber es beflügelte den Schritt: das konnte ich per GPS gut verfolgen! Da das Tempo sehr hoch war, bildete ich immer den Schluß. Doch auch hier zeigte sich, dass Gemeinschaft gelebt wurde: es gab immer jemanden, der sich zurückfallen ließ und mich begleitete. Hierbei gab es oft sehr persönliche Gespräche, die man sonst nur mit Vertrauten und Freunden hat! Nach der Stille der Wälder schockierte uns der Verkehrslärm von Trier, der ja nun nicht so groß ist! Die letzten Kilometer an der Mosel  mussten wir uns mit vielen Radfahrern auf dem Weg teilen, für die wir sicher ein Hindernis darstellten. Beim Überqueren der Mosel auf der Konrad-Adenauer-Brücke hörten wir schon von weitem die Glocken von Benediktinerabtei Sankt Matthias: und ich durfte das Kreuz, das von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern während der Wallfahrt vorweg getragen und mit Feldblumen geschmückt worden war, nach Begrüßung durch den Abt mit Bruder Hubert in die große Kirche tragen.

War es die abfallende körperliche Anspannung, die mich mit den Tränen kämpfen ließ? Ich kann ganz sicher sagen: NEIN! Das gleiche Gefühl hatte ich schon 2007, als ich in der Kathedrale in Santiago de Compostela ankam. Und ich weiß, dass es vielen so ging: ich habe es gesehen! Probieren Sie es aus, wenn Sie es selber erleben wollen! Wallfahren Sie! Einer der Teilnehmer machte die Tour schon zum dritten Mal! Warum? Seine Antwort war: „Das Tolle am Pilgern ist, dass am Ende ein Ziel steht, das leuchtet…im Gegensatz zu einem Denkmal oder einem Kaufhaus, wo man hingeht, ist am Ende eines Pilgerweges ein Haus und ein Ort, von dem ein Leuchten, ein Strahlen ausgeht…und das spür ich.“

Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Norf-Rosellen-Nievenheim Dezember 2012/ Januar-Februar 2013

Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Norf-Rosellen-Nievenheim März-April-Mai 2013